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Ich hatte (k)eine Farm in Afrika: Irrlichter, Teil 2

  • Bernd
  • 8. Okt. 2023
  • 11 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 19. Juli 2024


When you have a great and difficult task,

something perhaps almost impossible,

if you only work a little at a time,

every day a little,

suddenly the work will finish itself.


Karen Blixen



Mitwirkende:


Bernd: Sozialarbeiter, Unternehmer, Blogger, Traveller, Investor

Pearl: Sozialarbeiterin, Unternehmerin, Freundin, Touristin

Marko: Tourist

Hickson: Manager der Villa Massai, Seelsorger, Farmer

Laura: Managerin der Villa Massai, Seelsorgerin, Farmerin

Gerlinde: Nachbarin, Aussteigerin

Tilly: Nachbarin, Aussteigerin

Rudolf: Hausverwalter, Investor, Unternehmer



Elefantenfamilie in Afrika
Elefanten im Amboseli Nationalpark.

Nicht ganz dicht


"Das wird nicht ganz billig, Bernd!" Rudolf schaute mich über den Rand seiner Lesebrille an. Sein langes dunkelblondes Haar fiel verschwitzt an ihm herab. Die Kleidung klebte am Körper, so schwül war es. Die Luft im Haus roch modrig. Selbst die frisch gewaschene Kleidung auf der Leine wollte nicht so recht trocknen und blieb klamm. Die Wände am Haus mussten neu verputzt werden, die Decke war hinüber, neue Fenster, das Bad unten ließ sich noch reinigen, außen und innen streichen, die meisten Möbel fielen den Flammen zum Opfer. Rudolf meinte, er habe die Schnauze von Makutidächern voll und macht bei sich ein Flachdach. "Keine Versicherung gibt dir mehr eine Police für Makuti!" Das kam mir entgegen, Sie wissen schon, die Insekten. "Ok, dann eben ein Flachdach. Aber oben machen wir anstelle der Galerie ein Wohnzimmer, außerdem ein drittes Schlafzimmer mit angrenzendem Badezimmer!" antworte ich beherzt. Ein paar Monate später war die Renovierung abgeschlossen. Schnitt.


"Ja, das ist ja ein Traum!!!"

Das Problem: Flachdächer muss man können.


Villa Massai mit Flachdach - in Kenia
Villa Massai mit Flachdach.

Die Mietsaison war vorbei, das konnte ich vergessen. Jetzt kam die Regenzeit. Glück und Unglück zugleich. In einer regenstarken Nacht weckte mich ein plätscherndes Geräusch in meinem neuen Schlafzimmer im 1. OG. Zuerst konnte ich die Richtung nicht ausmachen. Das Licht war wegen Stromausfall außer Betrieb. Im Schein der Taschenlampe entpuppte sich das Plätschern als kleiner Wasserfall, der

lustig von der Decke herunter plätscherte. Im neu entstandenen Wohnzimmer gab es gleich mehrere davon. Rinnsale liefen überall die Wände hinunter. "Ja, ist das denn schon die Klimawende!?" Erst Feuer, dann Überschwemmungen. Jetzt fehlt nur noch balinesische Flötenmusik. Vielleicht sollte ich das Haus zu einer Wellnessoase umfunktionieren, überall floss Waser, überall floss Energie. Insbesondere in mir. Aber keine positive. "ICH WERDE DIESE INDISCHE VARIANTE VON SPAXSCHRAUBE, DIESEN AUSBEUTERISCHEN BAUUNTERNEHMER, EIGENHÄNDIG ERWÜGEN!!! UND NEIN! ICH MÖCHTE JETZT NICHT AN EINER STREITSCHLICHTUNG TEILNEHMEN!!!!" Mir fielen alle Verwünschungen dieser Erde ein. Wäre ich ein Voodoo Meister, ich hätte ihn auf der Stelle in eine Schnappschildkröte verzaubert. Können Sie sich meinen Gemütszustand vorstellen? Hier konnte ich unmöglich bleiben. Ruckzuck roch es nach Schimmel und Moder. Ein Hotel musste her. Ab ins nahegelegene Baobab.


Am nächsten Morgen standen Rudolf und sein indischer Bauunternehmer bei mir im modrigen Wohnzimmer. Es hatte kurz aufgehört zu regnen. Ich weiß nicht mehr viel von der Unterhaltung, nur noch, dass ich ständig damit beschäftigt war, den größten Teil meiner destruktiven Gedanken hinunter zu schlucken, bis sie durch alle mir bekannten Körperöffnungen unkontrolliert hinausplatzten. In Asien verlöre ich durch derartige emotionale Entgleisungen mein Gesicht. Aber ich war hier nicht in Asien!!! Ich war in Afrika, wo man auch schon mal jemanden auffrisst, in der Savanne aussetzt oder als Füllmaterial im Straßenbau verwendet. Laut Rudolf handelte es sich bei dem indischen Bauunternehmer um einen wohlhabenden und einflussreichen Mann. Viele Inder, so erklärte er mir, sind hier durch fleißige Arbeit, Korruption oder Skrupellosigkeit zu legendären Wohlstand gekommen. Er aber scheinbar nicht. Und nein, ich wollte an diesem Tag, zu dieser Stunde, noch dazu an diesem Ort der organisierten Verwüstung nicht freundlich sein! Ich will jetzt kein S o z i a l a r b e i t e r sein! Ich möchte auch keine faulen Kompromisse! Wir einigten uns am Ende meines Monologs über Qualitätsstandards am Bau gütig. Rudolf organisierte aus Mombasa Fachleute, die hatte

Villa Massai 2 - in Kenia

er auch in seinem Haus, bei seinem Flachdach (Ach!) engagiert. Außerdem entschied ich mich, beraten durch meine German Angst, für ein weiteres dezentes Dach auf dem Dach, falls das fachmännisch abgedichtete Flachdach wider Erwarten rissig werden würde.





Eine gute Entscheidung


Hickson stand in dieser aufreibenden Zeit ganz unerwartet vor mir und fragte, ohne um den Brei zu reden, ob er für mich als Gärtner arbeiten könne. Soviel ich wusste hatte er ein Stellenangebot bei Rudolfs Frau, für die er aber, wie er mir sagte, nicht arbeiten wolle, weil sie ihr Personal schlecht behandelt. In der Tat hatte ich mit dem Gedanken gespielt, das Haus und die Gäste durch eigenes Personal betreuen zu lassen. Rudolf riet mir dringend davon ab und appellierte an meine German Angst. Aber diese undurchsichtigen Abrechnungen beschäftigten mich. Gut möglich, dass ich ihm Unrecht tat. Mein Bauchgefühl sagte mir, probiere es aus, stell ihn ein. Das war der Anfang überwiegend guter Erfahrungen, wenngleich mein Garten viel zu klein für eine ganze Stelle ist. Wie alle wichtigen Entscheidungen besprach ich meinen Plan zuvor mit Pearl, die mich in meinem Vorhaben bestärkte. Ich kaufte Hickson ein völlig überteuertes gebrauchtes Fahrrad von Tilly, einer Nachbarin, die ihr Haus ganz Vorne, am Gate, hat.


Hicksons Kompetenzen und Tätigkeitsfelder erweiterten wir. Neben dem Garten war er nun auch für die Instandhaltung der Villa Massai zuständig. Außerdem stellten wir noch Laura ein, die die Gäste betreuen und das Haus reinigen sollte.


Afrikanische Böden küsst man nicht


Marko und ich leihen uns zwei Motorroller aus. Der Inhaber der Firma ist Italiener, war zuvor bei Siemens beschäftigt und ist vor 20 Jahren ausgestiegen. Ich entscheide mich für den weißen Roller, der nicht mehr ganz neu ist, Marko für den nagelneuen schwarzen. Er fährt seit einigen Jahren Motorrad und hat die größere Erfahrung. Mir fehlt jegliche Erfahrung mit Zweirädern, von Fahrrädern einmal abgesehen. Am Diani kommt man auch ganz gut ohne Mietwagen zurecht; hier sind eine Unmenge an preisgünstigen Matatus, wie die Kenianer die Kleinbusse nennen, unterwegs, die nur ein paar Schilling verlangen, inklusive Beschallung durch überdimensionierte Boxen im Fahrzeuginnern. Da sind Tuk-Tuks als Alternative etwas bequemer aber auch wesentlich teurer.


Aus Übungszwecken fahren wir die Diani Beach hoch und runter. Marko ist mit meiner Ängstlichkeit unterfordert, was er sich aber nicht anmerken lässt. Das kann man ihm gar nicht hoch genug anrechnen. Zu meiner Rechtfertigung sei gesagt, dass die Straßen in Kenia ein paar Tücken aufweisen. Damit meine ich nicht nur den Linksverkehr. Es sind vor allen Dingen die Straßenbomben in allen Ausführungen und Größe, gerne auch in asphaltgrauer Tarnung. Sie verlaufen queer über die Straße und zwingen zum Langsam fahren. Nur wenige haben eine gelb-schwarze Markierung.


Schutzengel


Das Fahrgefühl auf einem Motorroller ist überwältigend! Du fühlst dich frei. Sie sind schnell im Beschleunigen, wendig, klein, kompakt. Das ideale Fortbewegungsmittel hier. Und Spaß macht es auch noch. Die Wenigsten fahren mit Helm, wie auch, bei dieser Hitze? Marko hat das Pech, das sein Benzin gepantscht ist. Zuerst knallt es aus dem Auspuff, danach stottert der Motor und geht aus. Der Italiener gibt uns den Tipp, an der Shell Tankstelle ungepantschtes, hochwertiges Benzin nachzutanken. Nach zahllosen Stopps erreichen wir diese unbeschadet. Kurz zuvor kam es - wir standen wieder einmal - zu einem Unfall eines hoffnungslos überladenen Motorrads, das einem anderen Fahrzeug ausweichen musste. Aber der Fahrer war nicht imstande die Maschine zu stabilisieren. Zum Glück ging alles glimpflich aus.

Person auf einem Motorroller in Kenia
Bernd mit Motorroller. Foto: M.H., 2023

Nach unserem Tankstopp ist es inzwischen relativ spät. Wir beschließen, ins Leonardo italienisch Essen zu gehen. Da ich den Weg kenne, fahre ich voraus und hefte mich an ein Tuk-Tuk. Die Fahrer kennen alle offenen und verdeckten Bomben. Ein Kinderspiel also. Leider stoppt er immer wieder, damit Gäste ein- bzw. aussteigen können. Ich wage ein Überholmanöver, blicke kurz in den Rückspiegel. Alles frei. Blicke nach Vorne und sehe gerade noch die Bremsleuchten des Tuk-Tuk´s. Um nicht aufzufahren muss ich unbedingt ausweichen, wechsle auf die Überholspur, beschleunige. Der Motorroller beginnt zu schwanken. Wenn ich das labile Ding jetzt nicht stabilisieren kann, rutscht er mir weg.



Das wars dann, bei dem Verkehr. Ich versuche zu bremsen, gebe aber versehentlich - wie von Geisterhand gesteuert - Speed. Und da ist sie: eine Straßenbombe direkt vor mir! Schreck lass nach! Durch die Beschleunigung fliege ich mit gedämpfter Euphorie über das Hindernis hinweg und kann die Maschine, meinem Schutzengel sei Dank, stabilisieren. Alter!


Perspektivenwechsel


Marko berichtet mir später das Schauspiel aus seiner Perspektive. Und die geht so: Er habe sich gewundert, warum ich es auf einmal so eilig habe. Alles war nun im grünen Bereich, seine Maschine läuft wie am Schnürchen, sein Ärger ist verflogen, wir sind auf dem Weg zum Dinner. Er folgt mir. Der Berufsverkehr zwischen Ukunda und der Diani-Beach-Road ist beachtlich. Kein Anlass zum Rasen. Umso mehr wundert er sich, dass ich, wie aus dem Nichts, zum Überholmanöver ansetze und muss fassungslos ansehen, wie mein Motorroller bedenklich schwankt, so dass ihm der Atem stockt, weil auch er den Gegenverkehr kommen sieht. Aber anstelle die Geschwindigkeit zu reduzieren, beschleunige ich zu seiner Verwunderung. Was ist das denn? Ein Suizidversuch? Meine langen Beine zieht es nach Vorne, der Oberkörper fällt zurück, die Maschine springt über die Straßenschwelle hinweg. Ich habe, so sagt er mir später beim Abendessen, ein skurriles Bild abgegeben, dass in diesem Moment auch den Fußgängern nicht entgangen ist und fassungslos zusahen. Manche blieben verwundert stehen, andere schüttelten nur mit dem Kopf. "Die spinnen, die Mzungus!", wie die Weißen hier genannt werden, wird so mancher dabei gedacht haben. Das muss extrem komisch ausgesehen haben. Später, beim Abendessen, lachen wir, bis uns die Tränen an den Wangen hinunterkullern.


Ukunda


Ukunda, Kleinstadt in Kenia, Frau im gelben Kleid läuft durchs Bild.
In Ukunda.

Ukunda liegt etwa 30 km südlich von Mombasa an der Transitstraße A 14 nach Tansania, im Kwale Country Distrikt. Der Ort hat etwa 78.000 Einwohner. Hier leben Menschen aus 16 verschiedenen Stämmen. Sie kommen aus ganz Kenia, um am Tourismus zu partizipieren. In Ukunda wohnen überwiegend Menschen, die in den Hotels und Villen am Diani- und Galu-Beach arbeiten. Neben dem Tourismus leben die Menschen von Landwirtschaft, Handel, Handwerk und Dienstleistungen aller Art. 2020 eröffnete die deutsche Schuhfabrik Josef Seibel ein Werk. Ukunda verfügt auch über einen kleinen Flugplatz. Von dort starten kleinere Maschinen zu ihren Flugsafaris nach Amboseli und die Masai Mara.


Die wenigsten Touristen besuchen diesen Ort, obwohl er nur wenige Kilometer von Beach

Lebensmittelladen in Ukunda mit Obst im Angebot.
Ein Lebensmittelladen.

entfernt ist. Für die meisten wirkt das Durcheinander von Hütten, Verschlägen, einfachen Häusern und den vielen Menschen bedrohlich. Eine skurrile Kulisse, im Vergleich zu den luxuriösen touristischen Unterkünften. Die Straßen im Stadtkern Ukundas sind unbefestigte Wege aus Sand, roter Erde, Korallensteinen oder Schotter, auf denen nach heftigen Regenfällen große Pützen entstehen. Die Cafés bieten ihre Getränke in einfachen Steinhäusern oder Holzverschlägen an. Und in der Fußgängerzone - wenn man sie denn so nennen möchte - grenzt links und rechts des Trampelpfads ein Verschlag an den anderen. Dieser schmale Trampelpfad scheint ins Nichts zu führen. Sie erinnern mich an die Anfänge der Souqs.


Von überall her drängen Stimmen, Hupen, Motorgeräusche, preisen Händler ihre Waren an oder rufen Matatufahrer Fahrgäste herbei. Die schwüle Luft riecht nach Staub, Abgasen, Schweiß, Diesel, Benzin und gegrillten Speisen. Wer kann, verkauft irgend etwas entbehrliches, wie wenig es auch sein mag. Gebrauchte Kleider, alte Schuhe, winzige Fleischspießchen für den Hunger zwischendurch, Plastikutensilien, Hauptsache es trägt etwas zum Familieneinkommen bei. Die Arbeitslosigkeit liegt bei etwa 50 (!) %.


Ukunda, afrikanische Kleinstadt, Waren werden angeboten.
Was geht, wird verkauft.

Inmitten dieser scheinbar trostlosen Umgebung ragen kleine Schulgebäude heraus. Kirchen und Moscheen sind in dieser Wüste der Bedürftigkeit wie Oasen der Glückseligkeit. Sie versprechen den Menschen Halt und Orientierung, was ihnen aber aufgrund der eigenen moralischen Verfehlungen immer weniger gelingt.


Hickson sagte mir am Frühstückstisch, dass Tilly, von der ich damals sein Fahrrad gekauft habe, inzwischen hier in Ukunda, in ein billiges Apartment gezogen ist. Sie ertränkt ihren sozialen Abstieg mit übermäßigem Alkoholkonsum. Sie und ihr Mann kamen in den 90er-Jahre hierher, nachdem sie in Deutschland ihr Unternehmen verkauften. Nur wenige Jahre später starb er: zu viele Frauen, zu viel Alkohol. Mehr und mehr verblassen ihre Erinnerungen. Depressionen sind jetzt ihre ständigen Begleiter. Ihr stattliches Anwesen mit Haupt- und Nebenhaus ist, Jahre nach dem großen Inferno, völlig abgebrannt. Immer, wenn ich hier zu Besuch war, traf ich Sie und Gerlinde. Ich habe mich oft gefragt, wann der Kipppunkt im Leben eines Menschen eintritt, jener Punkt, der keine Korrektur der eigenen Lebensplanung mehr zulässt, der "Point of no return.", wenn man so will. Ich weiß es nicht.


Leben


Parkende Autos vor einem Café in Ukunda
Afrikanisches Café.

Marko und ich gehen durch immer enger werdende Gassen. Es riecht nicht gut. Schließlich stoßen wir auf eine Art breite Sandpiste, die an einer bewachten Schranke endet. Dahinter sind kleine einstöckige Steinhäuser, in denen etwas besser gestellte Kenianer ein oder zwei Zimmer anmieten können. Ich besuchte einmal Laura zu Hause. Sie wohnt in solch einer Anlage. Der freundliche Wachmann begrüßt uns mit einem breiten Grinsen und fragt, ob er uns helfen könne. Offensichtlich haben sich hier zwei Mzungus verlaufen. Wir erwidern sein Lachen und gehen den Weg zurück, an kleinere Läden vorbei, aus denen immer wieder freundliche Frauen "Mzungu, Mzungu!" rufen. Die Schule endet gerade; immer wieder starren uns Kinder an, eine Mutter flüstert ihrem Sohn "Mzungu in das Ohr!" Marko hörte es und lacht sie freundlich an. Die Hautfarbe ist hier immer noch ein Prädikat, das für Reichtum und einem sorgenfreien Leben steht.


In einer Bar, mit einladendem Innenhof, genehmigen wir uns ein kühles Bier. Auf alle Fälle lohnt es sich, die Hotelanlagen einmal zu verlassen. Sie werden zu neuen Erkenntnissen kommen. Rümpfen wir also nicht die Nasen, lassen wir uns anstecken von der beherzten Freundlichkeit dieser Menschen, die jeden Grund hätten, ihr Leben zu beklagen. Relativieren wir also unseren Egoismus. Ich weiß, das wird vielen nicht gefallen, wenn ich das hier so sage: Deutschland ist nicht am Verhungern, auch wenn uns das die Wohlfahrtslobby mit Herrn Schneider an der Spitze des Paritätischen Wohlfahrtverbands ständig Glauben machen will.


Afrikanischer Junge mit gelben T-Shirt in Ukunda.

...und bewahre uns vor den NGO´s


Während meines FSJ´s finanzierte ich von meinem spärlichen Einkommen eine Patenschaft für ein kenianisches Mädchen. Jeder Mensch sollte von dem, was er hat einen Teil mit anderen Menschen teilen, die noch weniger haben. Hierin lag für mich der Schlüssel für eine bessere Welt. Die Geschichte zeigt uns die Grenzen und Resultate politischer Parolen, Versprechungen oder gar Revolutionen. Fidel Castro und Che Guevara sind ebenso gescheitert wie viele vor und nach ihnen. Ich war als Jugendlicher der festen Überzeugung, dass Veränderungen zum Positiven jeder selbst im eigenen Lebensumfeld leben kann. Dieser Ansicht bin ich bis heute treu geblieben. Lediglich meine Einstellungen zu NGO´s und Kirchen veränderten sich grundlegend.



Die Sozialindustrie hat in den vergangenen 50 Jahren so gut wie nichts hier in Afrika bewirkt.

In und um Ukunda gibt es eine Vielzahl gemeinnütziger Vereine in privater und nicht privater Trägerschaft. Ich besuchte in den vergangenen 15 Jahren etliche davon, einige gibt es inzwischen schon nicht mehr. Sie scheiterten an menschlichem Verschleiß, ihren inneren Strukturen, an Korruption, an westlicher Überheblichkeit, Eitelkeit, Geldgier oder an mehreren dieser Faktoren. Ich bezweifle nicht die gute, ehrenvolle Absicht dieser Menschen. Sie geben ihr Herzblut. Nein, es ist aus meiner Sicht das bereits schon zuvor beschriebene Afrikabild, das uns leitet. Mitleid hat noch niemanden geholfen. Mitgefühl schon.


Afrikanischer Junge im Lendenschurz mit Kleinkind auf dem Rücken in einem Hüttendorf.
Foto: Fotalio

Hickson und Laura drücken es so aus: "Den Menschen geht es schlecht. Der Verdienst ist gering und die Lebenshaltungskosten können der Geldentwertung nicht standhalten. Während der sogenannte Westen noch redet, bauen die Chinesen Brücken, Straßen und Bahnhöfe. Den Menschen geht es zwar noch immer schlecht. Aber jetzt spüren sie eine deutliche Verbesserung ihres Alltags, z.B. auf dem Weg zur Arbeit!"


Die aus Sambia stammende Ökonomin Dambisa Moyo sagt, das China der größte Investor in Afrika sei, denen es um Handel, Kommunikationstechnik und um Rohstoffe geht. Allein 2016 flossen 36 Milliarden Dollar für Straßen, Häfen und Flughäfen. Damit investierte China mehr als die USA und Europa zusammen.


Was wollen die Afrikaner?


Sie können Ihre Altkleider, die Sie für Afrika spenden, auf den regionalen Märkten wieder zurück kaufen. Gleichzeitig machen wir dadurch die heimische Textilproduktion kaputt. Genau so verhält es sich mit der Geflügelzucht. Die EU verscherbelt Geflügelteile, die wir nicht essen wollen nach Afrika zu Preisen, mit denen hier kein Geflügelzüchter konkurrieren kann. Aber vielleicht hat sich das ja inzwischen verändert. So lange Europa seine Märkte abschottet, so lange hier vor Ort keine Produktionsstätten entstehen, so lange es keine optimalen Rahmenbedingungen für junge Afrikaner zum Investieren in eigene Startup-Unternehmen gibt, so lange tickt die Migrationsbombe. Hans-Rimbert Hemmer zählt zu den Altvätern deutscher Entwicklungswissenschaften. Er spricht von einem Mikro-Makro-Paradoxon: "Trotz vieler guter und erfolgreicher Projekte im Kleinen ist es nicht gelungen, die betroffenen Länder insgesamt aus der Armut herauszuführen." Der amerikanische Ökonom William Easterly drückt es noch drastischer aus: "Vergleicht man die Daten der Sechziger- und Siebzigerjahre mit heutigen Daten, kommt man zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass sich die Hilfen pro Kopf in Relation zu den Einkommen etwa verzwölffacht haben, während das Wirtschaftswachstum eher nach unten ging."

Zwei geöffnete Hände mit gemalter Weltkarte  auf der Haut vor schwarzem Hintergrund.
Bild: Fotolia

Der kenianische Ökonom James Shikwati empfiehlt: "Wer Afrika wirklich helfen will, darf das nicht mit Geld tun." Bereits 2011 forderte die bereits zitierte Ökonomin Dambisa Moyo in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen ein Ende der westlichen Entwicklungshilfe: In den vergangenen 50 Jahren (2011) flossen 50 Billionen Dollar von den reichen in die armen Länder. Das habe nirgendwo auf der Welt wirtschaftlichen Aufschwung gebracht.





Ganz ähnlich argumentiert die aus Kamerun stammenden Journalistin und Informatikerin Veye Tatah: "Westliche Hilfsorganisationen profitieren von dem negativen Afrika-Bild, weil sie damit viel mehr Spenden sammeln können. Aber die Wirtschaft Afrikas leidet darunter, weil Kapital und Investitionen nicht nach Afrika kommen.....Ich kenne kein Land auf dieser Welt, das sich durch Entwicklungshilfe tatsächlich entwickelt hat."



Einfache Geschäfte in Holzhütten in Ukunda auf steinigem Platz.
Leben in Ukunda.

In Teil 3, Ich hatte (k)eine Farm in Afrika: Safari in Tsavo


  • Tsavo East;

  • Tsavo West;

  • Bitte nicht stören!;

  • Mischen Sie sich ein!;

  • Von Bandscheibe zu Bandscheibe;

  • "Da!"...

  • Der mit den Elefanten spricht.


Link zur Villa Massai





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