Panglao Island
- Bernd
- 1. Juni
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 2. Juni
2025

Etwa anderthalb Stunden südlich liegt im Südwesten der Provinz Bohol die kleine Insel Panglao Island. Sie liegt in direkter Nachbarschaft der Provinzhautstadt Tagbilaran und ist mit ihr durch zwei Brücken verbunden.
Das Foto täuscht. Ich warte einfach einen günstigen Moment ab. Ich manipuliere, keine Lüge wohlgemerkt. Aber Manipulation. Als wäre ich im Auftrag eines internationalen Touristikkonzern unterwegs. Plakative Landschaftsbilder als Auslöser diverser Suggestionen unberührte Natur der Work-Life-Balance-Community. So funktionieren sie, unsere Medien, unsere Meinungsmacher, gleich welcher Kulör.

Ich berichte heute von der kleinen beschaulichen Insel Panglao. So muss es einmal ausgesehen haben. Keine schlechte Wahl. Je nach Wetterlage türkisfarbene Traumstrände, tropische Vegetation, allseits gut gelaunte Menschen. Beliebte Lokation auch bei Tauchern.
Verstörende Erkenntnis

Man kann sich als gehetzter Stadtmensch an den Blau- und Türkistönen von Meer und Himmel gar nicht lang genug satt sehen. Sie verschmelzen am Horizont, wie bei einem Gemälde Gaugin's.
Zuerst verirren sich vereinzelte Backpacker hierher, dann immer mehr und noch mehr, bis auch internationale Pauschaltouristen anbeißen. Gut für die Bevölkerung hier, die auch ein Stück vom Kuchen haben möchte, damit die eigene Familie nicht nur um ihre nackte Existenz kämpft, sondern Wohlstand generiert.
So werden aus kleinen verschlafenen Fischerdörfer touristische Hotspots. Verträumte Strandrestaurants entstehen., kleine Pensionen, die die Backpacker und Taucher beherbergen. Bars dürfen auch nicht fehlen. Die ersten Tauchschulen und Hotels eröffnen. Massagesalons und Spa´s, logischerweise auch.

Stell dir vor, du wachst morgens auf und bist tot, dann ist doch der ganze Tag versaut! Also lebe!
Je nach Strandabschnitt ist er mal sauber mal weniger. Hier geht´s. Der Alona Beach ist auf beiden Seiten von Felsformationen begrenzt. Dazwischen liegt der helle, feinsandige Strand. So laufe ich von einem Ende zum anderen.


Von den Masseurinnen sprechen mich inzwischen nur noch die betagten an, was meinem Alter geschuldet sein dürfte. Und die Beachboys, die Kunden für ihre Tauchschule an der Promenade anwerben, lassen mich auch links liegen.
Nach dem Motto: Bis wir unten sind, ist der schon tot.
Ich setze mich auf eine kleine Mauer, lausche der Brandung und der Musik einer kleinen Strandbar. Ein fliegender Händler ruft mir "Nice!" zu. Er hält eine angeblich echte Koralle vor meine Nase. Ich schüttle dankend den Kopf.
Es fällt angenehm auf, dass die Menschen hier weniger aggressiv nach Kunden suchen und beim ersten "Nein" weiterziehen.
Auf einmal ziehen Wolken auf. Sie rücken den Strand für mich in ein anderes Licht. Er ist matt, verliert an Strahlkraft. Umherliegender Dreck rückt in den Fokus meiner Aufmerksamkeit. Eine Armada an Touristenboote verstört mich. Das könnte jetzt auch irgendwo in Thailand oder Mexiko sein.
Und dann kackt mir doch glatt ein Strandköter vor die Füße

Das provoziert Nachdenklichkeit. Was will diese Kreatur mir gegenüber zum Ausdruck bringen? Ist das ein Statement, eine Provokation? Sollte ich das persönlich nehmen? Warum kann diese Hündin nicht dezent am Wegrand ihr Geschäft verrichten? Nein, es muss mitten im Weg zum Strand sein, den die Menschen tagtäglich benutzen.

Ich nehme mir vor, beim Strandspaziergang noch genauer hinzuschauen. Es fällt auf, dass hier eine Vielzahl von Hunden - und sicherlich auch Katzen - umherstreunen, um Touristen in den zahlreichen Restaurants anzubetteln. Die müssen alle irgendwann ihr Geschäft machen.
Da wird mit an Sicherheit grenzender mathematischer Wahrscheinlichkeit der eine oder die andere reintreten und sich wundern, warum es hier im Restaurant so streng riecht.
Die anreisenden Touristen werden schließlich immer älter und realisieren nur noch die Hälfte.
Und die Jüngeren sind damit beschäftigt, am Abend Party zu machen, um sich volllaufen zu lassen. Die realisieren noch weniger. Außerdem ist es Dunkel...
Paradies in Nöten

Die Aufnahmekapazität an Geschäfte und Touristen stößt hier am Alona Beach inzwischen an seine Grenzen. Er zählt zu den schönsten Stränden und ist eine Alternative zum sehr touristischen wie teuren Boracay.
Deshalb wird auch hier allerorts gebaut. Die Zahl der internationalen Touristen steigt und bringt die Infrastruktur der Insel an ihre Grenzen.

Haushalte haben (noch) keine Klärgrube, was das Grundwasser und das Meer verschmutzt.
Es gibt wohl inzwischen so etwas wie ein Abfallmanagement. Ein Umweltbewusstsein entsteht erst zögerlich. Einheimische wie Touristen verschmutzen noch immer die Strände.
Die Mangrovenwälder der Insel sind gefährdet. Rückzugsgebiete für die Pflanzen und Tierwelt zerstört zunehmend die touristische Erschließung.
Korallenriffe sind wichtige Ökosysteme und sind durch den immer beliebter werdenden Tauchtourismus stark gefährdet. Korallenschmuck ist noch immer ein beliebtes "Mitbringsel".I

Die Provinzregierung arbeitet unterdessen an Schutzpläne für die Insel. Mal sehen wie´s kommt.
Sichtweisen

Ich muss unbedingt meine Sonnenbrille checken lassen, sonst bricht mir der Bügel ab. Hier ist weit und breit kein Optikergeschäft. Bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als mit dem Tuk-Tuk nach Tagbilaran zu fahren. Der Fahrer bringt mich zur Altura Mall.
Eine etwa 60 jährige hagere Frau, mit einem markanten Gesicht und wachen Augen fällt mir im gut besuchten Laden auf. Wie ich später erfahren werde arbeitet sie als Nanny in der Stadt. Das Kind ihres Arbeitgebers zerbrach ihre Brille und er denkt nicht daran, ihr den Schaden zu ersetzen.
"Sie brauchen Gleitsichtgläser." erklärt die Verkäuferin der Frau. "Die kosten das Doppelte." Hilflos steht sie mit ihrem mühsam ersparten Geld im Verkaufsraum. Monatelang habe sie gespart. Vergeblich.
Sie war gerade im Begriff zu gehen, als ich sie beherzt anspreche und - wie sagt man heute? - ihr einen Deal vorschlage.
Ich bin ein Reisender, auf der Suche nach Geschichten, die vom Leben der Menschen handeln. Mich interessiert ihre Geschichte. Möge der ständig nörgelnde Paritätische Wohlfahrtsverband in Deutschland mit mir sein.
Im Gegenzug bezahle ich die Brille. Ich möchte ihr nicht das Gefühl der Almosenempfängerin geben. Ihre klugen Augen mustern mich eindringlich. Sie willigt lächelnd ein. Ich sei seit langer Zeit der einzige, der Interesse an ihrer Geschichte zeigt Überglücklich verlässt sie mit mir kurz darauf das Geschäft. In einer Woche kann sie die Brille abholen.

Wir gehen in ein Fast-Food-Restaurant. Sie stellt sich mir als Ledesma vor. Sie ist glücklich verheiratet und hat vier Kinder. Ihr Mann sei Farmer, aber die Farm reiche nur zur Selbstversorgung. Sie selbst habe leider keine Ausbildung.
Manchmal verkaufen sie etwas Gemüse oder Obst, doch der Ertrag daraus reiche nicht zum Leben. Deshalb arbeitet sie als Nanny, sieben Tage die Woche. An zwei Tagen im Monat habe sie frei, um bei der eigenen Familie zu sein. Sie finanziert mit jedem Peso, den sie entbehren kann, die Ausbildung ihrer Kinder.
Die neue Brille wird ihr Leben verändern. Ich nicke zustimmend. Was, wenn sie das Kind des geizigen Chefs infolge verminderter Sehkraft draußen im Park verwechselt hätte?
Reichtum ist eben nicht immer eine Frage des Geldes.
"Bye-Bye!", rief ich ihm zu und sah, wie er unter ging

Scent of Green Papaya Resort ***
Meine Wertung: ****
Sehr gepflegte 3-Sterne-Anlage mit einem kleinen Restaurant, 2 Pools und tropischen Garten. Das Hotel liegt in ruhiger Lage, etwa 1,2 km fußläufig zum Strand. Mehrmals täglich verkehren kostenlose Shuttles zum Alona Beach.
Ich komme mir mal wieder wie Tom Hanks im Film "A man called Otto" vor, genauso mürrisch, nur ganz ohne suizidale Tendenzen. Das Nachbarzimmer bewohnt eine philippinische Familie mit drei Kinder: Micky 19, Marta 17 und Don 13. Sie lieben lautes Fernsehen. Am besten gleichzeitig mit Tik-Tok, das in meinen Augen verboten gehört, weil die Menschen noch schneller verblöden, als die anderen sozialen Medien es tun.

Immerhin sind sie einsichtig, als ich nach freundlich-asiatischer Manier höflich frage, ob sie die Geräte leiser stellen könnten.
Ich sitze am großen Pool, die Beine im Wasser baumelnd. Eine koreanische Familie mit drei kleinen Kinden baden im Hochsicherheitsdress: Schwimmanzug, Schwimmweste, Taucherbrille und zusätzlich ein Schwimmring, der vom Kopf in S-Form über den Nacken zum Bauch und wieder zurück zum Rücken führt. Skurril.
Beschützt werden die bewegungsunförmigen Kinder von einer männlichen und einer weiblichen Nanny. Die Mutter, in Gestalt einer Sumoringerin, filmt das ausgelassene Geschehen von der Liege aus.

Marta kommt mit ihrem jüngeren Bruder Don. Beide können nicht schwimmen, bleiben im sicheren flachen Wasser. Marta sucht den Blickkontakt mit mir, deutet auf die Koreaner und sagt ehrfürchtig "Very beautiful, very rich." Ich nicke. Ich frage Don, ob er schwimmen könne. Er nickt frech und aktiviert seine rudimentären Kenntnisse: Wie ein Hund strampelt er im brusttiefen Wasser und geht langsam unter.
Ich deute ihm gegenüber an, dass er über der Wasseroberfläche und nicht unter ihr schwimmen soll. Er grinst, strampelt sich ab und schluckt Wasser. Derweil ziehen die koreanischen Hochsicherheitskinder ihre eingeschränkten Kreise. Ihre Haut ist vom Wasser hermetisch abgeschirmt.
Chicken Killer und Basketballer
Don strampelt unermüdlich. Die Geschwister fragen mich, ob ich ihm das Schwimmen beibringen könnte. Ich zögere. Ich finde Pools nervig. Eklig. Aber Dons Strampeln ist unerträglich. Kinder sollten schwimmen können. Ich bringe ihm die Grundzüge bei: mit den Armen das Wasser verdrängen, mit den Beinen strampeln wie ein Frosch, durch die Nase atmen, die Atemluft in der Lunge zum Auftrieb nutzen, Kopf über Wasser halten. Das ist alles.
Don lernt ausgesprochen schnell. Zuerst sind es kurze Strecken, dann bewältigt er die ganze Bahn, einschließlich die tiefe Zone des Pools. Ich lasse ihn keinen moment aus den Augen, falls er sich überschätzt. Schließlich erweitert er eigenständig sein Können, schwimmt unter Wasser. Im tiefen Wasser macht er sich einen Spaß, schaut mich am Beckenrand, wo ich entspannt sitze, an und simuliert seinen Untergang. Ich rufe ihm zu: "Bye-bye!" Er geht unter, setzt sich kurz auf den Boden des Pools und taucht lachend wieder auf.

Ich lade die Familie zum Abendessen ins kleine Restaurant des Resorts ein.
Wir bestellen unter anderen Chicken Adobo. Micky grinst breit und sagt zu mir:
"Zu Hause schlachtet Don die Hühner. Deshalb nennen wir ihn auch Chickenkiller. Hühnchen ist sein Leibgericht. Und er spielt leidenschaftlich Basketball.
Na, dann, sag das mal den Müttern zu Hause in Berlin Prenzlauer Berg, denke ich mir.
Ich bilde mir für einen kurzen Augenblick ein, dass er die anderen Kinder um ihre Komplettausstattung nun nicht mehr beneidet.
Gut gemacht, Otto.
Comments