Indonesien
- Bernd
- 16. Sept. 2024
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Apr.
Diese Reise ist Teil einer längeren Tour: Sie beginnt in Wien/Österreich, führt mich nach Kuala Lumpur/Malaysia, nach Miri/Malaysia, weiter nach Jakarta/Indonesien, Karawang/Indonesien, Manila/Philippines, Tagbilaran/Philippines. Über Kuala Lumpur geht es für ein paar Tage nach Abu Dhabi und schließlich zurück nach Deutschland.

Indonesien hieß früher Niederländisch-Indien. Zuerst kamen 1511 die Portugiesen, dann 1602 die Holländer. 1945 wird Indonesien unabhängig, die Anerkennung erfolgte aber erst 1949.
Mit 274 Millionen Einwohnern und 17.500 Inseln ist Indonesien der größte Inselstaat der Welt.

Einreise

Voraussetzung: Reisepass, der noch mindestens 6 Monate gültig sein muss.
Deutsche erhalten ein "Visa on Arrival" bei der Einreise. Das Touristenvisum hat eine Gültigkeit von 30 Tage und kann einmalig verlängert werden (Stand 2024, ohne Gewähr).
Ein E-Visa kann vorab beantragt werden:
Taxi

Hier gilt das Gleiche wie bereits in Malaysia. Hüten Sie sich vor den VIP Taxis, die bedeutend teurer und nicht unbedingt komfortabler sind. Bis zur Innenstadt berechnen die Fahrer bis zu 650.000 IDR (indonesische Rupiah).
Reguläre Taxis verlangen zwischen 150.000 bis 300.000 IDR, je nach Verkehrsaufkommen.
Die Bluebird Taxis haben ein Taximeter und sind absolut zu empfehlen.
Jakarta, die Hauptstadt, die untergeht

Jakarta mit seinen 11 Millionen Einwohnern liegt an der Nordwestküste Javas. Die Stadt ist dem Untergang geweiht. Bereits jetzt liegen mehrere Stadtteile unterhalb des Meeresspiegels. Der Norden sinkt jährlich um weitere 25 cm ab.
2019 kündigte die Regierung an, Jakarta als Hauptstadt aufzugeben und auf Borneo eine neue mit dem Namen Nusantara zu bauen.

Wie alle ostasiatischen Metropolen platzt auch Jakarta aus allen Nähten. Ich werde mich auch nicht lange hier aufhalten, weil mein eigentliches Ziel das 73 km östlich gelegene Karawang ist.
Das Taxi bringt mich zur meiner Unterkunft.
Fraser Resedence Menteng
Meine Wertung: *****
Adresse: Jl. Menteng Raya No.60 3, RT.1/RW.9, Kb. Sirih, Kec. Menteng, Kota Jakarta Pusat, Daerah Khusus Ibukota Jakarta 10340, Indonesien
Telefon: +62 21 29551888

Die Unterkunft bietet Studios und Wohnungen an. Das Monument National liegt in unmittelbarer Nachbarschaft. Das Hotelpersonal ist äußerst zuvorkommend. Es hat mich vor einem Desaster bewahrt. Doch dazu später.
Monument National
Meine Wertung: *****
Turm, Zentral-Jakarta, Indonesien
Warum die meisten Busreisen nur einen kurzen Zwischenstopp hier einlegen ist mir schleierhaft. Gerade hier und insbesondere am Abend erleben Sie die Indonesier unmittelbar und authentisch: Alleinreisende, Tagestouristen, Familien und Paare. Alles trifft sich hier. Und die ansonsten sehr zurückhaltenden Indonesier konnten es sich nicht verkneifen, ein Foto mit mir, dem weißen Riesen, zu machen.

Das Nationale Denkmal in der Mitte des Merdeka-Platz symbolisiert den Kampf Indonesiens um seine Unabhängigkeit. Der Turm ist 137 m hoch, die Flamme ist mit Blattgold überzogen. 1961 wurde mit dem Bau begonnen, die Eröffnung fand 1975 statt.
Den Eingang und den Ticketschalter zum Monument finden Sie 100 m nördlich.

Nachdem Sie ihre Tickets gekauft haben geht´s durch einen Tunnel in die Museumshalle. An zahlreichen Terminals erfahren Sie mehr über das Alte Indonesien bis hin zur Neuzeit und die Staatsgründung. Kleiner Nebeneffekt: Hier ist es angenehm kühl.

Stellen Sie sich darauf ein, weite Strecken zu Fuß zurückzulegen. Auf dem Gelände gibt es den riesigen Merdeka-Platz, einen Park und auch einen touristischen Markt mit Klamotten und Essen.



Es ist drückend heiß heute. Ich habe den Platz ganz umrundet. In dieser Hitze quält mich mehr Durst als Hunger. Daher kaufe ich mir eine Kokosnuss, sauge sie aus und kratze, so gut es geht, das leckere Fruchtfleisch heraus.
Abreise mit Hindernissen
Adrenalin: *****
Ich wache desorientiert auf. Kein Wunder bei den vielen Reisezielen, die da waren und noch kommen werden. Heute besuche ich Sam, einen Freund in der Industriestadt Karawang, mit seinen 2,5 Millionen Einwohnern. Das Bahnticket hat mir Sam online organisiert.
Gepackt ist schnell. Mehrfach gehe ich durch das Zimmer, bin aber ständig in Gedanken versunken. Das wird sich später rächen.

Unten wartet bereits das Taxi. Der Fahrer verstaut den Koffer. Ich steige ein, atme kurz durch, nenne mein Ziel. Er fährt los. Irgendwie ist es anders als sonst. Irgendetwas stimmt nicht. Nach etwa zweihundert Meter rufe ich panisch: "Stopp, Stopp!" Es fährt mir in den Magen. Das ist der Alptraum eines jeden Reisenden schlechthin. Der Taxifahrer fährt verwundert an die Seite, dreht sich mit fragenden Augen zu mir um.

Ich habe meinen Rucksack mit allen Papieren, Dokumenten, Kreditkarten im Zimmer stehen lassen.
Das ist extrem kritisch. So etwas darf nicht passieren! Weil das Taxi hier nicht drehen kann, haste ich zu Fuß zum Hotel zurück.
Dort angekommen sind sie verwundert, mich so schnell wieder begrüßen zu dürfen. Ich erkläre meine Not, erhalte die Zimmerkarte.
Der Aufzug kriecht nach Oben.
Was für ein Glück! Der Rucksack ist noch da, nichts fehlt. Nun schnell wieder Retour zum Taxi.

Erst jetzt fällt mir ein, dass ich dem Fahrer meinen Koffer anvertraut habe. Was, wenn er damit getürmt ist?
All meine Befürchtungen sind unbegründet. Die Welt ist eben doch noch besser, als sie die apokalyptische Presse präsentiert.
Glück gehabt.
Mit dem Zug nach Karawang
Es fährt ein Zug nach nirgendwo
Meine Wertung: *****

Der Bahnhof Pasar Senen ist nur einige Kilometer vom Hotel entfernt. Die Abfertigung zum Zug ist gut organisiert. Erst kurz vor der Abfahrt dürfen die Passagiere den Bahnsteig betreten.
Das freundliche Zugpersonal in ihren Uniformen stellt hier in Indonesien noch etwas dar und hilft bereitwillig, das richtige Abteil zu finden.


Nach etwa 90 Minuten erreiche ich das Ziel und hüpfe aus dem Zug. Ausgerechnet an meinem Ausstieg ist die Höhe beträchtlich. Das Treppchen aus Jakarta wäre jetzt nicht schlecht. Inzwischen ist es draußen dunkel.

Die Leute starren mich an, denn so viele Touristen verirren sich nicht in diese Stadt. Vor dem Haupteingang parkt ein Meer an Motorräder und Motorroller.
Sam präsentiert mir stolz seinen Roller, den er nach seinem Studium vom ersten Verdienst in monatliche Raten abbezahlt. Unsere Begrüßung ist herzlich. Er lud mich schon letztes Jahr zu seiner Abschlussfeier der Uni ein, konnte aber aus terminlichen Gründen nicht fliegen.


Sam organisierte mir eine Art Taxi, klärt kurz Ziel und Fahrpreis ab. Wir verabreden uns am nächsten Tag, nach Dienstschluss bei mir im Hotel zum Essen.
Es fängt zu regnen an. Die Scheinwerfer der Fahrzeuge blenden mich. Wohlbehalten erreiche ich meine Schlafstätte, checke ein, packe aus und falle müde ins Bett.
Swiss-Belinn
Meine Wertung: ****
Adresse: Jalan A. Yani No.29, Tanjungpura, Kec. Karawang Bar., Karawang, Jawa Barat 41315, Indonesien
Das 3-Sterne-Hotel liegt im Industriegebiet, hat 176 Zimmer, WLAN, Restaurant, Außenpool, Bar, Fitnesscenter, Flughafentransfer und Zimmerservice.

Ich wundere mich über meinen spärlich bestückten Koffer. Er ist eigenartig leicht, zu leicht. Und dann trifft mich erneut der Schlag! Das kann doch jetzt nicht wahr sein!!!
Ich hatte den Großteil meiner Wäsche in Jakarta waschen lassen und... Genau. Dort liegt sie sorgsam gefaltet und gebügelt im Schrank. Und jetzt?
Ich mutiere zum reisenden Nerd. Die Frau an der Rezeption erklärt ihrer Kollegin am anderen Ende des Telefons die Situation, schaut auf ihren Block, schaut hoch zu mir, lächelt (mitleidig), nickt, legt auf. "Sie können die Sachen bei ihrer Rückreise im Hotel abholen." erklärt sie sanftmütig in einwandfreiem Englisch.
Was kommt als Nächstes?
Der weltweite Traum vom eigenen Haus
Sam und ich verabreden uns am Abend des nächsten Tages nach seinem Dienst im Hotelrestaurant. Er ist sichtlich müde. Sein regulärer Arbeitstag beträgt 10 Stunden. Oft ordnet sein Chef unbezahlte Überstunden an. Hier in Indonesien ist ein Arbeitgebermarkt. Das Land hat viele junge Leute. Die Zahl der Arbeitssuchenden ist riesig.
Ich zeige Sam meine fotografische Ausbeute vom heutigen Tag. "Das wär´s", sagt er beim Foto mit den Neubauprojekten, "ein eigenes geräumiges Haus, eine Terrasse davor und ein kleiner Garten. "Für viele ist das unerreichbar." Vor ein paar Jahren hätte er noch "Für die meisten..." gesagt. Aber Asien wächst. Indonesien wächst.

Die Menschen sind arm, aber nicht ohne Würde. Sie haben ein Ziel: den sozialen Aufstieg. Eltern sparen sich die Schulgebühren vom Munde ab, damit ihre Kinder eine Berufsausbildung machen können. Bei den Bedürftigen der unteren Schicht muss jeder bereits im Kindesalter zum Familieneinkommen beitragen. Staatliche Hilfen sind rar.

Sam weiß, wovon er spricht.
Sein Vater starb früh, da war er noch ein Junge. Zum Glück war die Familie nicht sehr groß, denn seine Mutter musste fortan die Familie ernähren.
Er hat noch eine ältere Schwester, die inzwischen verheiratet ist und eine eigene Familie gründete.
Als Sam Anfang 20 war, starb seine Mutter unerwartet. Er wollte studieren. Das ging nun nicht mehr. Sam jobbte für einen Hungerlohn. Allein und überfordert verlor er jeden Lebenswillen und versank in eine schwere Depression.
Als ich ihn zu dieser Zeit traf, bestand er nur noch aus Haut und Knochen. Das Gesicht voller Hautausschläge, der Körper ausgezehrt. Als käme er aus einem KZ. "Kämpfe, mein muslimischer Freund.", sagte ich lapidar.
Sam gab nicht auf, studierte, machte seinen Abschluss.
Unvorstellbar maßlos
Ich zeige Sam das nachfolgende Foto: Er sagt, dass es Lebenssituationen gibt, die für uns Touristen unvorstellbar sind. Ob es denn stimmt, dass in Deutschland Familien staatliche Hilfen erhalten und trotzdem nicht zufrieden sind, fragt er mich. Ich nicke. "Wir Deutschen haben jedes Augenmaß verloren.", antworte ich.

Sam erklärt mir, dass der Mann auf dem Foto die Mülleimer durchsucht. Er sammelt Getränkereste, füllt sie in Plastikflaschen um. Ich hatte lange überlegt, ob ich das Foto überhaupt machen soll, wartete einen Augenblick, bis man das Gesicht nicht mehr erkannte und drückte den Auslöser. Die meisten Touristen sind weit weniger empathisch meint Sam.
Chicken Kung Pao
Meine Wertung: *****

Hühnchen mit Kung Pao Sauce, Erdnüssen und Zweibeln.
"Das, was wir gerade essen, ist absolut köstlich!" Nie hätte Sam gedacht, es einmal in einem so schönen Hotel bestellen zu dürfen. Das ist Luxus für ihn. Plötzlich ist alle Müdigkeit vergessen und wir konzentrieren uns auf das Essen. Ein Genuss.
Die Zutaten frisch zubereitet. Das schmeckt man. Ich erzähle ihm von einem Snack, den ich in einem Supermarkt kaufte und der für mich fast ungenießbar war.

Fast Food ist die einzige Alternative für die Armen. Aber die Ärmsten haben nicht einmal das. "Warum probierst du nicht Street Food?", fragt Sam, "Das sei preiswert und sehr gut." Ich erzähle ihm fast schon als Rechtfertigung von meinen Erlebnissen in Miri.
Die Straßen von Karawang


Am darauffolgenden Tag erkunde ich meine Umgebung, nehme mir vor, bis zur 2 km entfernten Resinda Park Mall zu laufen. Unterwegs kapituliert mein Handy vor der Hitze. Ich erhalte eine entsprechende Meldung auf dem Display und schalte es kurz aus. Dies sollte mir noch öfter passieren.
Am Straßenrand spielen Kinder, kleine Shops verkaufen entlang der Straße ihre Waren. Auf einmal endet die Fahrbahn. Bahnschienen versperren mir den Weg. Ich überquere sie, frage mich dabei, ob ich das darf. Eine Gruppe Halbstarker ruft mir etwas zu. Sie sitzen unter einer Autobahnbrücke und schlagen die Zeit tot.


Es wäre eine Leichtigkeit für sie, mein Handy und diverse andere Dinge, die ich bei mir trage, zu entwenden. Ein Vermögen für sie. Mir ist etwas mulmig zumute. Aber umkehren wäre langweilig. Die Jungs bleiben entspannt sitzen. Ich hätte gerne das Gespräch gesucht, gehe aber zielstrebig weiter.

Hier und da haben die Straßen ein paar Unebenheiten, freilaufende Hühner unter einer Brücke, Müll an den Straßenrändern, der vermutlich nicht entsorgt wird. Wohlstandsplastik der Wohlstandslosen.

Juhee, ich bin ein Huhn,
hab´leider nix zu tun.
Mein Haus ist rein und nice,
fress um jeden Preis.
Tagein, tagaus!
Tagein, tagaus!
So werd´ ich langsam fett.
Sport wär jetzt ganz nett.
Der Henne geht´s ganz ähnlich
die ist wie ich selten dämlich.
Der Schlachter kommt schon bald
und macht mich kalt.
Oha, ich bin ein Huhn!
Was nun?
Sind wir nicht alle Hühner? Die Wohnhäuser stehen verschachtelt, wirken schlicht und funktional. Verbaut wird alles, was geeignet ist. Ob ich ein Blick ins Innere wagen kann? Eher nicht. Ich mag nicht der Schlachter sein. Sam erklärt es mir so: "Wenn dein Leben bei Tag und Nacht Dunkelgrau ist, baust du mit allen Farben und Materialien, die du finden kannst. Die Häuser bekommen eine Seele. Wir übertünchen alles Dunkle."

Ok, jetzt kann ich die vielen quietschend bunten Dinge in den Läden besser einordnen. Sie sollen wohl das Leben etwas erträglicher machen. In diesem Sinne verabschieden wir uns wie immer unspektakulär. Morgen geht es zurück nach Jakarta und weiter auf die Philippinen.
Sam will es schaffen. Seine Arbeitstage sind lang. Im nächsten Jahr hat er ein paar Tage Urlaub. Wir wollen uns wieder treffen. Es gibt so vieles zu besprechen. Aber wer weiß schon, was im nächsten Jahr sein wird?

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