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Nordkorea lächelt nicht 4

  • Bernd
  • 8. Apr. 2024
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 5. Apr.


Ein nordkoreanischer Grenzsoldat an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea, genauer an den blauen Baracken, weist mich zurück zur Gruppe.
Bestimmte Grenzen sollte man besser nicht überschreiten. Hier bin ich wohl etwas zu nah dran.

Einer der Höhepunkte unserer Reise ist ohne Zweifel der Besuch der Demilitarisierten Zone. Nach wie vor zählt die Grenze zwischen Nord- und Südkorea zu den gefährlichsten Orten überhaupt. Zunächst geht es über Käsong nach Panmunjeom in die demilitarisierten Zone. Unsere Stimmung ist gedrückt und erinnert gerade uns Deutsche an die Zeit des kalten Krieges, an die Mauer zwischen Ost- und Westberlin, an die deutsch-deutsche Grenze.


Immer wieder kam es in den zurückliegenden Jahren zu kritischen Situationen zwischen Nord- und Südkorea. 1976 wurden zwei amerikanische Soldaten getötet, als sie einen Baum fällen wollten. 1996 drangen mehrere nordkoreanische Soldaten bei Panmunjeom und anderen Regionen in die demilitarisierte Zone ein. 1984 flüchtete ein Bürger aus der damaligen Sowjetunion nach Südkorea. Beim Schusswechsel starben drei Nordkoreaner und ein Südkoreaner.


Von der Aussichtsplattform fotografiere ich die drei  Blauen Baracken, mit Blick auf Südkorea. In der Mitte der Baracken verläuft die Grenze.  Dahinter ein großes Gebäude auf südkoreanischer Seite.
Die Blauen Baracken. In der Mitte verläuft die Grenze.

Von einer Aussichtsterrasse blicken wir hinüber nach Südkorea. Und von Südkorea blicken sie nach Nordkorea. Unserer Gruppe ist es sogar möglich, die Blauen Baracken zu betreten. Panmunjeon ist heute eine militärische Siedlung. Hier wurde von 1951 bis zum 27.07.1953 das Ende des Koreakrieges verhandelt. Seitdem gibt es eine Waffenruhe, wohlgemerkt keinen Friedensvertrag. Die Blauen Baracken haben eine Tür nach Nordkorea und eine nach Südkorea.



In der Blauen Baracke stehen Tische, die Wände sind kahl und schmucklos.
In der Blauen Baracke.

Die gemeinsame Sicherheitszone hat einen Durchmesser von 800 m und ist 248 km lang. Sie verläuft quer durch Korea. Der Bezirk wird gemeinsam von der UNO, Nordkorea, Südkorea und den USA verwaltet. Die nordkoreanischen Wachen treten jeden Tag ihren Dienst im Stechschritt an, wie einst die Grenzsoldaten der DDR.






Die mittlere der drei Baracken darf unter militärischer Aufsicht abwechselnd von Gruppen aus dem Süden und Norden betreten werden. Wer die Grenze von Südkorea aus besichtigen möchte, muss zuvor ein Formular ausfüllen, unterschreiben, dass der Besuch auf eigene Gefahr erfolgt.


Eingang zur blauen Baracke. Zwei dunkelbraune Flügeltüren sind geöffnet.
Eingang zur blauen Baracke.

Am Ende der Reise bin ich glücklich und erleichtert zugleich. Glücklich über die gewonnenen Erkenntnisse und darüber, wieder aus dem Land unversehrt ausreisen zu dürfen. Unglücklich deshalb, weil es der Weltgemeinschaft nicht gelingt, ihre ideologischen Gräben zu überwinden. Zu unterschiedlich sind die Systeme.







Das, was ich in Nordkorea - wenn auch gefiltert - gesehen habe, hat mich tief beeindruckt. Die Menschen organisieren hier in Nordkorea, unter schwersten Bedingungen, ihren Alltag gegen eine dekadente Elite. Wobei wir im Westen keinen Grund haben, uns über andere Systeme moralisch zu erheben. Sind wir doch Teil des Problems und nicht weniger dekadent. Quo vadis, Mensch?


Es hat zwei Weltkriege gebraucht, die UNO ins Leben zu rufen. Aber die UNO ist in weiten Bereichen aufgrund ihrer Strukturen handlungsunfähig. Dabei läge in ihr der Schlüssel für eine friedliche Koexistenz der Systeme. Ich hoffe nicht, dass es einen dritten Weltkrieg braucht, um die UNO endlich in ihren Strukturen umzubauen. Der Sicherheitsrat ist in seiner Zusammensetzung ungerecht. Er repräsentiert mit gerade einmal fünf konstanten Staaten eine politisch morbide Minderheit. Ein schlechter Witz. Wie kann damit die Weltgemeinschaft der Staaten den Frieden auf der Welt wenigstens ansatzweise erhalten?



Blick über das Dach eines Tempels in die bewaldeten Hügel.


Nachtrag: Die Eliten leiden nicht


2011 streckte ein zartes Pflänzchen namens Kim Jong-un winzige Blätter in den nordkoreanischen Himmel. Der am 08. Januar 1984 geborene Sohn des Machthabers Kim Jong-il und seiner Mutter Ko Yong-hi besuchte von 1993 bis 1998 die International School (ISB) in Gümligen bei Bern, in der Schweiz. 1998 verließ er die Schule ohne Abschluss. Die, wenn auch vage, Hoffnung auf eine Öffnung Nordkoreas unter Kin Jong-un erfüllte sich nicht. Im Gegenteil.



Skulptur  mit sechs nackten Kindern, die im Kreis tanzen. Ein Junge hält eine Friedenstaube, die in den Himmel fliegt.


Sein Weg an die Macht war blutig. Er schreckte auch nicht vor der Hinrichtung eigener Familienmitglieder zurück. Das Volk hungert für seinen Größenwahn und den exorbitanten Militärausgaben, hin zur Nuklearmacht. An dieser Stelle darf man getrost über die Effizienz internationaler Sanktionen nachdenken. Die Eliten leiden nicht, weder in Nordkorea, im Iran, in Afghanistan, in Venezuela noch in Russland. Der Sozialismus, der Kommunismus funktioniert nicht.


Ein alter blauer LKW fährt über eine Landstraße.


Nur um keine westliche Überheblichkeit aufkommen zu lassen: Die demokratisch geführten Länder agierten nicht weniger menschenverachtend im Kleinen wie im Großen. Stichwort: der Umgang mit den indigenen Völkern; die Rechtsbeugung zur Legitimierung von Kriegen, z. B. gegen den Irak und die darauf folgende Destabilisierung des Nahen Ostens; die Rolle des Westens in Afghanistan, mit dem reichlich dämlichen Spruch des damaligen deutschen Verteidigungsministers Peter Struck, die Sicherheit Deutschlands werde auch am Hindukusch verteidigt; die westliche Entwicklungspolitik und und und.



Ausgedrückte Zigaretten in einem Metallaschenbecher im Zug von Nordkorea nach China.

Auch demokratisch geführte Staaten sind gut beraten, auf moralische Attitüden zu verzichten. Aber den Menschen geht es, bei aller Kritik, in demokratisch geführten Ländern bedeutend besser, weil Fehler benannt und korrigiert werden können. Darin liegt die Stärke der Demokratie.






Der Club der greisen Politiker und ihre toxische Männlichkeit


2025 beantrage ich ein Visum für die USA. Das ESTA wird mir verweigert. Vermutlich, weil ich Nordkorea besuchte. Ich muss zum Interview. Inzwischen ist es sehr schwer, ein Visum für die USA zu erhalten. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das Land meiner Helden aus unzähligen Kinofilmen, schottet sich zunehmend ab. Und selbst mit Visum muss damit gerechnet werden, dass der Grenzbeamte am Flughafen die Einreise verweigert und sie in Handschellen in Abschiebehaft kommen. Kein gutes Omen für diese Welt.


Ein Kinderorchester auf der Bühne musiziert für ein voll besetztes Theater.

Der einstige russische Hoffnungsträger, Wladimir Putin, verwandelt die Ukraine, einem souveränen Staat, in eine Hölle. Für seine Kriegsverbrechen löscht er auf beiden Seiten unzählige Menschenleben aus. Was nützen alle durch Sonntagsreden geschlossene Verträge einer wertebasierten Weltordnung. Sie sind das Papier nicht wert, weil der UNO und dem internationaler Strafgerichtshof die Sanktionsmöglichkeiten fehlen.



Steinfiguren stehen in einem Park.

Im Nahen Osten verschanzt sich die Hamas in Wohnhäuser und Krankenhäuser. Sie ermorden israelische Säuglinge, Frauen, Männer, wohl wissend, dass für ihre Gräueltaten die palästinensische Zivilbevölkerung mit ihrem Leben bezahlen wird. Sie schrecken auch nicht davor zurück, die eigene Bevölkerung zu tote zu prügeln, sobald sie ihre kriminellen Aktivitäten infrage stellen. Und die greisen Machthaber im Iran nutzen jede Gelegenheit, Öl ins Feuer zu gießen.


Währenddessen bombt Israel unter Netanjahu den Gazastreifen in Schutt und Asche. Die Bilder erinnern an die Kriegsverbrechen Nazideutschlands in Warschau. Aber schon die leiseste Kritik wird mit dem Vorwurf Antisemitismus quittiert. Militante israelische Siedler begehen mit ihren Straftaten gegen Palästinenser Verbrechen, die nur spärlich Zugang in die westlichen Nachrichten finden.


Die Opfer des Nationalsozialismus in Nazideutschland sind umsonst gestorben, wenn wir Verbrechen nicht mehr als Verbrechen benennen dürfen. Es gibt keine Opfer der ersten, zweiten und dritten Klasse.


So what, Nordkorea?


Eine Gruppe Schulmädchen in weißer Bluse und blauen Röcken stehen in einer Reihe auf der Bühne.

Auf einer meiner zahlreichen Reisen in ein arabisches Land, sprach mich eine Gruppe Männer mit dem Ziel an, ihrem Kampf gegen die bösen USA und Israel beizutreten. Ich lehnte dankend ab. "Warum nicht?", fragten sie verdutzt. Und meine Antwort war so simpel wie einfach:


"Weil ich nicht möchte, dass Eltern, um ihre ermordeten Kinder weinen. Nirgendwo auf der Welt. Weder in den USA, noch in Israel oder sonst wo auf der Welt."


Reisen öffnet Horizonte.


Gegen das Vergessen


Baum von Unten nach Oben fotografiert. Seine grünen Blätter versprechen Hoffnung.

2015 reist der US-Amerikaner Otto Warmbier (geb. 12. Dezember 1994, gest. 19. Juni 2017) als Teil einer zehnköpfigen Reisegruppe für fünf Tage nach Nordkorea. Kurz vor dem geplanten Rückflug wurde er am 02. Januar 2016 verhaftet. Er soll angeblich versucht haben, aus dem Yanggakdo-Hotel ein Propaganda Banner zu stehlen.




Am 16. März 2016 wurde er von einem nordkoreanischen Gericht zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt.


Otto Warmbier wurde am 13. Juni 2017, im Wachkoma liegend, aus humanitären Gründen aus Nordkorea ausgeflogen. Er starb am 19. Juni 2017.


Im Sozialismus und Kommunismus gehört einer winzig kleinen Elite alles, einschließlich Dein Leben. Das Volk besitzt nichts.


Möge die Jugend immerzu die Alten hinterfragen.


Blick auf den Fluss Pjöngjang, vor dem sich grau und Dunkelgrau die Stadt abhebt.
Dunkelland



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