Dracula lebt 9: Es lebe das Leben
- Bernd
- 4. März 2024
- 2 Min. Lesezeit

Was für eine Wohltat: Ich war wieder unter Menschen, ganz normale gewöhnliche Menschen! Das Essen daure noch, so sagt man uns. Um die Zeit zu nutzen, schlendern Angelo, Uwe und ich durch die Gassen der Altstadt. Wir entdecken sogar eine Shisha Bar. Umgerechnet 25 € !!! verlangen sie dafür. Wer kann sich das leisten? Bei den Gehältern hier!
Es ist noch angenehm warm an diesem Abend. In den zahllosen Restaurants, Bars und Cafés pulsiert das Leben. Die Gassen sind im Halloween- und Draculakult gruselig schön geschmückt. Jugendliche und junge Erwachse ziehen verkleidet in Gruppen umher, genießen ausgelassen die Ahnungslosigkeit ihre Jugend. Wenig später sitzen wir wieder bei den anderen. Das Lokal, das bis zu 2000 Gäste fasst, ist brechend voll. Vermutlich treffen alle Reisegruppen heute hier zusammen, wie früher schon, in dieser ehemaligen Karawanserei.
Rumänische Musik erklingt, bringt die Massen in Stimmung. Laut, flott, schnell. Früher animierte sie die Dorfjugend aufzustehen; aber bei den meisten Gästen hier, in dieser Altersgruppe, steht schon lange nichts mehr. Eine Gruppe tritt auf. Tanzt ihren Tanz der Möglichkeiten.
Uwe sagt, er hätte gerne einen Bären gesehen. Vielleicht müsse er doch die Wandertour buchen. Das würde ihn reizen. "Dich nicht?", er hebt sein Weinglas, prostet mir zu. Der Rosé sei ausgezeichnet. "Ich glaube, ich habe eindeutig zu viel gesehen!" erwidere ich geheimnisvoll und trinke zur Sicherheit lieber ein Ursus, das angeblich meistverkaufte rumänische Bier.

Nun sitz ich hier, wieder zu Hause, tippe die Zeilen aus meinem Reisenotizbuch in den Computer und kann mich beim besten Willen an nichts mehr erinnern. So merkwürdig das auch ist: Ich bin erstaunt über die Bilder, noch erstaunter über das, was in meinem Notizbuch geschrieben steht. Reine Fantasie. Bisweilen etwas verstörend. Im Radio höre ich, dass Minister Heil und seine ganze Partei an der Erhöhung des Bürgergeldes festhält, die Bahn will wieder für weniger Arbeit und mehr Geld das Land an die Wand streiken. Gleichzeitig wundert sich jeder über den Fachkräftemangel. Für einen kurzen Moment glaube ich die Zusammenhänge zu verstehen. Verwerfe die Gedanken aber wieder.
Ich kann - nein ich muss! - mich an dieser Stelle bei allen Rumänen und Rumäninnen entschuldigen. Das Land ist bezaubernd, so reich an Kultur, so gastfreundlich die Menschen. Und ich schreibe über eine Gruselgestalt aus der Feder Bram Stokers, die heutzutage, abgesehen von Historikern, niemanden mehr wirklich interessiert oder gruselt. Vielfach verstörender sind die alltäglichen Nachrichten über den Zustand der Welt, über den Zustand der Menschen. Was dagegen sind Vampire? Vielleicht werde ich ja wahnsinnig. Aber mein Verstand funktioniert. Ich kann genau sagen, wann mein Geburtsdatum ist, wie ich heiße, wo ich lebe. So what? Vielleicht ist es abschließend gesagt einfach so: Vor den Toren der Wissenschaft wartet ein Engel auf uns.
Erich Kästner schrieb einmal: „Wahr ist eine Geschichte dann, wenn sie genauso, wie sie berichtet wird, wirklich hätte passieren können." Dem ist nichts mehr hinzu zu fügen.





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