Dubai: Im Übermorgenland
- Bernd
- 22. Apr. 2024
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Okt. 2024
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) wurden 1976 gegründet. Die UAE bestehen aus 7 Emiraten: Abu Dhabi, Dubai, Ajman, Sharjah, Ras Al Khaimah, Umm al-Qaiwain und Fujarah.
Hauptstadt der VAE: Abu Dhabi
Bevölkerung: 9,4 Millionen
Währung: VAE-Dirham

Es gibt kaum etwas ernüchterndes, als ein Land, das aus einer einzigen Baustelle, einem gigantischen Sandkasten, zu bestehen scheint. Ich habe das Gefühl, das in den 2000er Jahren ein Drittel aller weltweit verfügbaren Baukräne in Dubai standen. So gesehen war ich Zeitzeuge, als die Dubai Marina und dahinter die Jumeirah Lake Towers erbaut wurden. Ich stand verloren auf einer überdimensionierten Baustelle. Stümpfe aus Beton, Hochhausskelette, zukünftige Wohnungen, Hotels und Büros, ragten in den Himmel. Innerhalb weniger Tage waren diese Projekte weit vor ihrer Fertigstellung restlos ausverkauft. Manche Wohnungen wechselten mit entsprechendem Aufgeld mehrfach den Besitzer. Ein El Dorado für Immobilienhaie und Spekulanten. Wie ein Magnet strömten Menschen und Waren aus allen Ländern der Welt in die Region, während sich die umliegenden arabischen Staaten verwundert die Augen rieben. Es lebe der Gigantismus!

Die An- und Einreise nach Dubai ist denkbar unkompliziert. Deutsche erhalten bei einem touristischen Aufenthalt ein Visa on Arrival für 30 Tage. Voraussetzung: Der Reisepass muss bei der Ausreise noch mindestens 6 Monate gültig sein. Wer nicht für ein Visum on Arrival zugelassen ist, braucht vor der Einreise ein Visum. Informationen erhalten Sie über die Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).

Dubai zählt zu den sichersten Ländern des Nahen Ostens. Kaum ein Ort, der nicht per Video überwacht wird.. Verstöße gegen die Regeln und Gesetze werden konsequent verfolgt. Dubai ist ein weltoffenes Land mit einer multikulturellen Bevölkerung und internationalen Touristen. Es ist aber auch ein muslimisches Land mit klaren Toleranzgrenzen.
Money for nothing
Ich bereise Dubai regelmäßig. Auf dem Weg nach Asien mache ich dort bevorzugt Halt, um mich um meine beiden Immobilien zu kümmern. Mitte der 2000er Jahre erwarb ich sie. Es herrschte Goldgräberstimmung.
Die Regierung der Emirate fing bereits in den 1970er Jahren des letzten Jahrhunderts an, die Weichen für eine Zeit nach dem Erdöl zu stellen. Als Scheich Rashid 1975 das erste 5-Sterne-Hotel, das InterContinental Dubai, am Creek bauen ließ, erntete er Skepsis. Wer sollte hier freiwillig Urlaub machen wollen? Umgeben von Sand und ein paar Felsen, umgeben vom Nichts. Unbeirrt investierte er in die Infrastruktur des Landes bzw. in die Bildung der Bevölkerung. Der Erfolg bestätigte seine politische und wirtschaftliche Weitsicht.

Als ich meine erste Wohnung noch vor Baubeginn von der englischen Firma Bonnington kaufte, sagte mir die britische Vertriebschefin, dass ich der erste und einzige Deutsche sei, der investiert habe. „Deutsche wollen sehen, was sie kaufen.“ sagte sie mit einem Augenzwinkern und spielte auf die German Angst an. Auf der Baustelle sah man so gut wie Nichts, nur Wüstensand. Insofern ist die German Angst nicht ganz unbegründet. Ich bin kein Spekulant. Es gab etliche Offerten von seriösen und weniger seriösen Immobilienmaklern. Oftmals wechselten Immobilien vor ihrer Fertigstellung mehrfach die Eigentümer. Das erschien mir damals zu gewagt. Ein Aufgeld kam für mich deshalb nicht in Frage.

Absolut schlechte und desaströse Erfahrungen machte ich mit einer indischen Baufirma und einem Deutschen Immobilienfond. Bei der indischen Firma stellte ich die Ratenzahlung bald schon ein. Der Deutsche G. R, ein ehemaliger Mitarbeiter des Deutschen Finanzamtes, der zusammen mit seiner Anwältin und Lebenspartnerin den Dubai 1000 Fond auflegte, erwies sich als inkompetent und kriminell.
Der gute Mann veruntreute 143 Millionen Euro Anlegerkapital. Damit lässt es sich gut leben. "Scheiß auf den deutschen Haftbefehl!", wird er sich gesagt haben. Auch das gehört zur Wahrheit: Bevor Sie an einer Investition verdienen, müssen Sie etwas riskieren. Das unterschlagen oftmals die linken Populisten unserer selbstgerechten Parteien.

Die Schatten des großen Geldes
So gesehen habe ich viele Schwankungen des Übermorgenlandes Dubai erlebt. Mein deutscher Anwalt, der vor Ort lebte und arbeitete, sagte mir bei einem gemeinsamen Essen, dass im Dubai enorme Mengen an Schwarzgeld gewaschen werden. Diejenigen, die sehr viel Geld ins Land bringen, stehen aber nicht am Schalter unten in den Wartehallen der Banken. Sie sitzen mit ihren Anwälten und Steueroptimierern in den Etagen ganz Oben beim Banker des Vertrauens. Von bestimmten russischen Investoren distanzierte sich mein Anwalt, wie er sagte, um nicht in eine dubiose wie zwielichtige Szene abzurutschen. Auch auf Rücksicht auf seine körperliche Unversehrtheit. Das war in den 2000er Jahren, Leute.

Warum denn so schnippisch?
Die Bankangestellte wurde mir gegenüber unverschämt, weil ich einfach nicht verstand, was sie mir hinter der Panzerglasscheibe zunuschelte. Sie schaute an mir vorbei, bestenfalls durch mich hindurch, verdrehte ihre Augen. Was ich wollte, wusste ich: Einfach etwas von meinem Konto abheben und wenn möglich als Kunde mit Respekt behandelt werden.
Wie eine Madonna thronte die üppige beleibte Africanmama regungslos hinter ihrer Glasscheibe. Rassismus funktionierte auch in die andere Richtung. Und wer weniger viel Geld besitzt, wird eben weniger zuvorkommend behandelt. Insbesondere die vielen dunkelhäutigen Gastarbeiter. Vielleicht sollte ich ihr das Lied „Sugar, sugar Baby, oh-oh, sugar, sugar Baby, oho, sei doch lieb zu mir!“ im Stil von Peter Kraus oder Elvis Presley der 60er Jahre zur allgemeinen Erheiterung vorsingen. Aber so herablassend wie sie mich ansah, musste ich davon ausgehen, dass sie zum Lachen in den Keller ging.

Die Leute in den Wartehallen der Banken waren überwiegend kleine Arbeiter und Angestellte. Sie brachten viel Geduld aber wenig Geld mit. Jeder zog am Eingang eine Nummer und wartete, bis diese auf der Anzeigetafel aufleuchtete, um dann um ihr Geld zu bitten. Danach war mir an diesem Tag, nach fast einer Stunde Wartezeit, aber nicht. Zum Leidwesen der Dame hinter dem Schalter lege ich jede devote Höflichkeit ab. Laut und deutlich fragte ich, so, dass die anderen es mitbekamen, ob sie denn wisse, dass sie nur deshalb hier sitze und arbeite, weil die Leute ihr hart erarbeitetes Geld dieser Bank anvertrauen. Dies ist nämlich das Geld der Leute, die hier geduldig warten. Und sie sei eine Dienstleisterin, nicht umgekehrt. Sogleich kehrte das Leben in ihre abgestumpften Augen zurück und ich bekam, was mir zustand. Beim Hinausgehen warfen mir einige der Wartenden wohlwollende Blicke zu.

Mitnichten auf Sand gebaut
Ich saß in einer der unzähligen Hotelbars mit Alkohollizenz, d.h. hier werden Bier, Wein und andere alkoholischen Getränke ausgeschenkt. Neben mir saß ein Mann, der sich mit Richard vorstellte. Er arbeitete als Bauingenieur auf einer der unzähligen Baustellen. Scheinbar hatte er an diesem Abend schon einige Guinness intus, die seine Zunge spürbar lockernten. Mit einer ausladenden Handbewegung sagte er: “Alles auf Sand gebaut!”, als wollte er alle Wolkenkratzer der Umgebung mit nur einem Handstreich wegwischen. „Das kann nicht funktionieren! In 10 Jahren stürzt alles in sich zusammen!“ Das ist sehr Deutsch, dachte ich mir. Unsere Ingenieure sind bei der Realisierung anspruchsvoller Projekte wie hier in Dubai mit dabei und doch von Selbstzweifel zerfressen. Zuhause in Deutschland - im eigenen Land - lähmt uns bürokratischer Zweckpessimismus. Die Generation Toll wagt nichts mehr.

Willkommen in der Gegenwart
Inzwischen sind 15 Jahre vergangen. Die Türme stehen noch immer. Mehr noch: die Metro, der Burj Khalifa, Jumeirah Palms, das Future Museum, neue Stadtteile, die Expo kamen zwischenzeitlich hinzu. Zwar wurde auch Dubai in den vergangenen Jahren durch wirtschaftliche Krisen in der Region wieder etwas geerdet, Projekte gestrichen oder auf eine ferne Zukunft verschoben. Aber inzwischen mischen die VAE auch in der Raumfahrt mit. Ihr Stolz auf die eigenen Leistungen sind berechtigt und beachtlich. Sie vollziehen einen Spagat zwischen Moderne und Tradition. Klare Regeln und Strukturen sorgen für Ordnung zwischen den unterschiedlichsten Nationen, einschließlich der unterschiedlichen Religionen.

Hier wagt es niemand, Polizisten, Feuerwehrmänner oder Rettungskräfte mit Feuerwerkskörper zu beschießen, körperlich anzugreifen oder anzuspucken. Nach derartigen Vorfällen in Deutschland treten Politiker wieder und wieder zerknirscht vor die Kameras der Journalisten, versprechen Aufklärung und geloben feierlich mit aller Härte des Staates durchzugreifen. Immer, wenn sie nicht weiter wissen, nuscheln sie die allseits beliebte Politikerfloskel in die Kameras: „Wir werden uns das intensiv ansehen.“ Wie ist das, sich etwas intensiv anzusehen? Starrt man dann stundenlang auf ein Blatt Papier mit der Polizeistatistik? Eine Woche später ist alles wie zuvor.

Unsere Medien verengen gerne den Blick auf die schlechten Löhne und Arbeitsbedingungen der Arbeiter in Dubai. Das wird diesem Land aber nicht gerecht. Verstehen sie mich nicht falsch: Es gibt auch hier eine ganze Menge zu bemängeln. Aber wo nicht? Für viele der Gastarbeiter ist Dubai (sind die übrigen Emirate) ein Sprungbrett für den sozialen Aufstieg in ihren Herkunftsländern. Ich habe mit unzähligen Taxifahrern, Bauarbeitern, Servicepersonal in den Hotels und der Malls gesprochen. Für alle ist Dubai das Versprechen, durch harte Arbeit die Existenz der eigenen Familie in ihren Herkunftsländern zu sichern. Die meisten sagten mir, dass sie sich zu Hause ein kleines Business aufbauen, ein Haus bauen oder zumindest fertigstellen, um dort ihren Lebensabend zu verbringen.
Einmal vollmachen, bitte

Es überrascht mich immer wieder wie kreativ und einfallsreich Menschen sind, wenn es darum geht, überzogene religiöse Regeln umzuinterpretieren. In diesem Fall im Islam. Selbst das erzkonservative Saudi Arabien wird seiner jungen Generation im Zeitalter der globalen Medien Lösungen gegen überholte religiöse Dogmen präsentieren müssen, weil sie wissenschaftlich widerlegt sind. Sexueller und sozialer Überdruck wird bei jedem Einzelnen und jeder Einzelnen wie Wasser nach Starkregen Wege finden.
Auch hier geht Dubai neue Wege. Die öffentliche Ordnung muss gewährleistet sein, das Privatleben ist (fast) privat.
Für arabische Bruderstaaten ist Dubai ein Ventil, den Zwängen in ihren Ländern für eine kurze Zeit zu entfliehen.
Ausschanklizenzen für Alkohol in Hotels, versprühen mit einem Bordeaux ein bisschen französischen Flair, wecken mit Tequila die mexikanischen Lebensgeister, vollenden mit italienischem Grappa ein gutes Essen oder wecken durch Whiskey das Lebensgefühl des amerikanischen Traums. Für Geld können Sie fast alles kaufen. Das hat sich auch bei ultrareiche Saudis herumgesprochen.
Nicht das sie nicht an jeden Ort der Welt jetten könnten. Aber ein kleiner Vorrat im heimischen Wohnzimmer kann ja nicht schaden. Mit "Einmal vollmachen, bitte!!" ist nicht der Tank der Luxuskarosse gemeint sondern der Kofferraum.
Durch einen Schlitz im Fenster bezahlen sie mit der Kreditkarte. Zeitgleich befüllt ein Angestellter diskret den Kofferraum mit Alkoholika, um anschließend zurück nach Saudi Arabien zu fahren. Nobody is perfect.
Dubai ist...
Meine Bilanz dessen, was ich in Dubai investiert habe, ist, nach Abzug aller Verluste, unterm Strich positiv. Ich weiß das zu schätzen, denn mitunter sah es schlecht für mich aus. Das ist die Essenz des (bescheidenen) Erfolgs. Ich investierte in Dubai aus Überzeugung, weil mich das Konzept der Stadt, des Emirats und der Emirate überzeugte.
Dubai ist die Realisierung einer Utopie. Geschickt und mit kluger politischer Weitsicht geplant. Dubai ist unanständig. Schlaflos. Zuweilen lüsternd. Dubai ist Kult und Kultur. Dubai ist ein Traum. Die letzte Instanz. Dubai ist.... eine Weltstadt.

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